Tous ceux-là et d’autres de José Mourinho

Das waren die zwei am Ufer des Tibers ausgesetzten, schreienden Säuglinge, die von einer Wölfin aufgefunden, gesäugt wurden und nur so überlebten. Die Wölfin (Lupa), die die AS Rom im Wappen trägt, ist die eigentliche Hauptfigur der Geschichte, das sorgende Element. Es gibt dann noch eine etwas modernere Stadt-Sage. Darin geht es um einen Ring, den die Spieler der AS Rom ihrem früheren Trainer José Mourinho anlässlich des Sieges in einem europäischen Pokalwettbewerb namens Conference League im Jahr 2022 nach Christi Geburt vermachten.

[–>

Als jener Mourinho im Januar zwei Jahre später entlassen wurde, soll er den Ring in den Kabinenschrank des Mannschaftskapitäns Lorenzo Pellegrini gelegt und dazu folgende Worte geschrieben haben: „Gebt ihn mir zurück, wenn ihr Männer geworden seid.“

[–>

Unerwarteter Höhenflug

[–>

Historiker konnten bislang weder den Gründungsmythos um die Lupa noch den Ringmythos um Mourinho belegen. Unreife Jünglinge spielen in beiden Legenden eine tragende Rolle. In der Ringparabel fand der vom Volk tief verehrte Mourinho, dass nicht etwa ihm, sondern seinen Mannen in entscheidenden Momenten der Saison die Manneskraft abgegangen war. Er kritisierte sie deshalb immer wieder öffentlich, die Leistungen des Teams stagnierten.

[–>[–>

Was der berühmte Portugiese offensichtlich nicht verstanden hatte, war, dass seine Spieler eine fürsorgende Lupa brauchten und nicht jemanden, der sie im Stile des Kriegsgottes Mars bloßstellte. Der Mars, das war Mourinho. Die Lupa ist Daniele De Rossi.

[–>

Im Januar übergab die amerikanische Eigentümerfamilie Friedkin dem Römer das Team, der die Mannschaft auf einen unerwarteten Höhenflug geführt hat. Im Januar stand das Team auf Platz neun der Serie-A-Tabelle, jetzt steht sie auf Platz fünf, der nach der aktuellen UEFA-Wertung die Qualifikation für die vergrößerte Champions League im kommenden Jahr garantiert.

[–>

Wie hat De Rossi, der 2006 mit Italien Weltmeister wurde und schon als Fußballspieler eine Legende im Verein war, das gemacht? In 13 Serie-A-Spielen unter ihm holte die AS Rom 29 Punkte, auch wenn in den vergangenen Liga-Spielen gegen Bologna (1:3) und Neapel (2:2) ein bisschen die Luft auszugehen schien. De Rossi, 117 Länderspiele für Italien, hat wenig Erfahrung als Coach.

[–>[–>

Nach dem Karriereende als Spieler bei den Boca Juniors wurde er Teil des Trainerstabs um Roberto Mancini beim EM-Sieg Italiens 2021. Im Herbst 2022 übernahm der Römer den Zweitligaverein Spal Ferrara, wurde aber nach 17 Spielen und nur drei Siegen wieder entlassen. Dass DDR, wie sie ihn in der Hauptstadt nennen, in seinem Leib-und-Magen-Verein AS Rom so schnell das Ruder herumreißen würde, erklärt sich unter anderem mit einem krassen Stilbruch. Er macht fast alles anders als Mourinho.

[–>

Anstatt die Spieler zu erniedrigen, pflegt De Rossi ihre Seelen: „Die Spieler sind wichtiger als der Trainer“, sagt der Trainer. Es gehe darum, „sie dahin zu bringen, auf dem Spielfeld glücklich zu machen und sie auf Positionen spielen zu lassen, die ihnen entsprechen“. Da spricht der Spieler aus De Rossi. Der hatte bei seinen Kollegen als Anführer immer Ansehen. Der 40-jährige Coach nahm im Sturm auch die Öffentlichkeit für sich ein.

[–>

Mutiger Spielstil

[–>

Einerseits, weil er aus dem Nähkästchen plaudert, und zweitens, weil er Fehler offen zugibt. Dass er die ersten Liga-Spiele mit einer Dreierreihe in der Abwehr spielen ließ, bereute De Rossi öffentlich und stellte auf vier Verteidiger um. „Ich habe ein Chaos angerichtet“, gab er auch nach dem Spiel gegen Frosinone zu. Es kommt an, dass da jemand aufrichtig ist in einem Metier, in dem Selbstdarsteller dominieren. Die Umstellungen hatten Erfolg und machten die Spieler besser.

[–>[–>

Die Mannschaft spielt unter De Rossi endlich wieder mutig nach vorne. Der neue Trainer stellte den spielstarken Keeper Mile Svilar ins Tor. Vor ihm gibt Gianluca Mancini den torgefährlichen Abwehrchef, Kapitän Pellegrini ist wieder aufgeblüht. Der Weltmeister Leandro Paredes führt souverän vor der Abwehr Regie, Paolo Dybala ist der gefährliche Spielmacher vorne. „De Rossi hat die Köpfe befreit und die Beine der Spieler gelöst“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“. Die Verlängerung seines bis Saisonende laufenden Vertrages ist beschlossene Sache.

[–>[–>

Nun kommt mit Leverkusen die bislang größte Herausforderung auf De Rossi und die Römer zu. Zwei Teams begegnen sich da, die ihre Gegner dominieren wollen und deren Stärke gewiss auch die ausgezeichnete Moral ist. Das ist bei der AS Rom (wie auch bei Leverkusen) an zahlreichen Treffern in allerletzter Minute zu sehen. Der Fürsorge der Wölfin sei Dank.