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Guerre du Moyen-Orient : Israël est-il en train de devenir un paria ?

Guerre du Moyen-Orient : Israël est-il en train de devenir un paria ?

2024-05-25 18:53:19

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Bis vor Kurzem war Israel, bei allen Problemen, ein außergewöhnlich erfolgreiches Land. Die Wirtschaft boomte. Im Hightech- und Cyber-Sektor, einer Domäne des Landes, schafften es jedes Jahr zig Start-ups, zu erfolgreichen Unternehmen zu werden. In Tel Aviv paarte sich Unternehmergeist mit mediterranem Ambiente und einer liberalen Atmosphäre. Das ließ sich etwa auf der „Pride Parade“ besichtigen, zu der jedes Jahr Tausende Schwule, Lesben und Partygänger aus aller Welt strömten.

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Der Konflikt mit den Palästinensern war nahezu vergessen. Ja, es gab immer wieder Anschläge sowie alle paar Jahre eine in der Regel kurze militärische Auseinandersetzung mit Gruppen im Gazastreifen. Aber im Alltag spielte das immer weniger eine Rolle, dank den perfektionierten Sicherheitsmaßnahmen. Alles unter Kontrolle – diese Botschaft vermittelte die Regierung, die seit 2009 meist von dem Likud-Politiker Benjamin Netanjahu angeführt wurde. Nicht nur das, in den Außenbeziehungen ging es sogar voran: Von 2020 an gab es Friedensabkommen mit mehreren arabischen Ländern. Israel schien sich in die Region zu integrieren. Neue Möglichkeiten für Wirtschaft und Tourismus lockten.

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Israel im Frühsommer 2024 ist ein völlig anderes Land, ein Schatten seiner selbst: in einen Krieg verstrickt, den es nicht zu gewinnen scheint, traumatisiert durch den Terrorismus der Hamas, intern auf das Heftigste zerstritten. Das Land gleicht einem verwundeten Raubtier, panisch und aggressiv.

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Aufgeladener Diskurs

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Als wäre das nicht genug, mehren sich die Attacken aus dem Ausland. Viele Israelis irritiert, dass die Fronten nicht mehr so klar sind wie früher, dass die Verbündeten das Land nicht mehr so eindeutig verteidigen wie zuvor. Israel verliert politische, juristische und diplomatische Auseinandersetzungen, die es einst gewonnen hat.

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Allein in dieser Woche gab es drei Ereignisse, die noch vor Kurzem undenkbar gewesen wären: Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag beantragte am Pfingstmontag Haftbefehle gegen Netanjahu und dessen Verteidigungsminister, Joav Gallant. Er wirft ihnen vor, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Gazakrieg verantwortlich zu sein. Zwei Tage später kam der nächste Schlag: Irland, Norwegen und Spanien kündigten an, dass sie am Dienstag den Staat Palästina anerkennen würden. Am Freitag dann ordnete der Internationale Gerichtshof ein sofortiges Ende der Militäroffensive in Rafah an.

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Dass solche Dinge nicht geschehen würden, war stets das Versprechen Netanjahus gewesen. Er galt als Meister der „Hasbara“ – der öffentlichen Diplomatie mit dem Ziel, die Handlungen der eigenen Seite zu rechtfertigen. Nicht zuletzt erlaubte sein geschliffenes Englisch es dem teilweise in den Vereinigten Staaten aufgewachsenen Politiker, sich direkt an das amerikanische Publikum zu wenden und die Meinung dort zu beeinflussen.

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Aber die Mittel, mit denen Netanjahu in der Vergangenheit erfolgreich politische und diplomatische Attacken abwehrte, scheinen nicht mehr richtig zu wirken. Seine Reaktionen in dieser Woche glichen den üblichen Vorwürfen: Die Ankündigung aus Den Haag geißelte er als Antisemitismus und stellte Chefankläger Karim Khan in schrillen Worten mit den Richtern der Nazizeit gleich. Die Anerkennung Palästinas nannte er eine Belohnung für den Terrorismus der Hamas.

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Crise avec l’allié le plus important d’Israël : le président américain Joe Biden, sur un aérodrome militaire à New YorkAFP

Das verfängt bei weniger Leuten als früher. Vielleicht liegt es daran, dass der Diskurs rund um Israel und die Palästinenser inzwischen so aufgeladen ist. Ständig werden schwerste rhetorische Geschütze aufgefahren: Antisemitismus und Terrorismus auf der einen Seite, Apartheid und Genozid auf der anderen. Viele finden es angesichts dessen immer schwieriger, sich eine Meinung zu bilden, und begegnen allen Behauptungen mit Misstrauen. Andere haben ihre Haltung sowieso längst gefunden und sind unbelehrbar.

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Damit musste Israel teilweise schon früher zurechtkommen. Das Land, das seit dem Beginn seiner modernen Geschichte um die Existenz kämpft, ist Kritik und Hass gewohnt, kennt Boykott und Isolation. So sehen viele in Israel in dem Umstand, dass in zahlreichen westlichen Ländern jetzt Menschen auf die Straße gehen und Studenten Universitäten blockieren, keine echte Bedrohung. Die meisten glauben nicht, dass das die Mehrheitsmeinung in diesen Ländern widerspiegelt. Eine Minderheit sieht sich durch die Demonstrationen, in denen sich Protest gegen den Krieg mit antiisraelischer Stimmungsmache und antisemitischen Ressentiments vermischt, in ihrer Meinung bestätigt, dass die Welt nun mal gegen Israel sei.

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Neu ist etwas anderes. Die Reihe der Kritiker umfasst nicht mehr nur die üblichen Verdächtigen: junge Menschen mit Palästinensertuch, von Israel boykottierte internationale Institutionen und araberfreundliche Regierungen – sondern auch Staaten und Politiker, die bislang als Verbündete galten.

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Der massivste Wandel ist in dem Land zu beobachten, das als Israels Schutzmacht gilt: die Vereinigten Staaten. Nach dem 7. Oktober hatte sich Präsident Joe Biden noch unmissverständlich an die Seite Israels gestellt und dessen Feinden mit Konsequenzen gedroht, sollten sie ebenfalls attackieren. Vor allem seine Empathie gegenüber den Opfern des Hamas-Überfalls, die er bei seinem Israel-Besuch Mitte Oktober äußerte, beeindruckte viele. Der amerikanische Präsident verhalte sich so, wie man es von der eigenen politischen Führung vergeblich erwartet hatte, hieß es etwa in der Zeitung „Haaretz“. Biden war für kurze Zeit so etwas wie Israels Landesvater geworden.

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Setzt Biden das „S“ von BDS um?

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Rund sieben Monate später verhängte Biden Sanktionen gegen gewalttätige Siedler im Westjordanland, blockierte eine Waffenlieferung an Israel und ließ eine – wenn auch eher symbolische – Waffenruhe-Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen passieren. Manchen Palästina-Freunden an der Basis der Demokratischen Partei ist das noch immer zu wenig. Aber ein bekannter israelischer Besatzungskritiker sagt mit Blick auf die Strafmaßnahmen gegen die Siedler: „Im Grunde genommen haben die Vereinigten Staaten das ‚S‘ von ‚BDS‘ umgesetzt.“

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Biden würde natürlich abstreiten, der umstrittenen BDS-Bewegung („Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen“) nahezustehen. Aber er ist zu einem der gewichtigsten Kritiker der Netanjahu-Regierung geworden. Ob geplant oder spontan, immer wieder lässt er sich Sätze entlocken, die für die rechtsnationalistisch-religiöse Koalition alles andere als schmeichelhaft sind. Das Verhältnis zwischen den Verbündeten gilt als so schlecht wie lange nicht. Daran ändert auch Bidens scharfe Kritik an den beantragten Haftbefehlen gegen Netanjahu und Gallant nichts.

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In Bidens Windschatten positionieren sich nun auch andere Regierungen kritischer, etwa die deutsche. Affronts kommen für sie aus historischen Gründen indessen nicht infrage. In Jerusalem sieht man Berlin weiterhin als einen der wichtigsten Verbündeten, der hilft, einen di­plomatischen Schutzschirm über Israel zu spannen. Dieser wird allerdings zusehends löchrig. Die EU hat inzwischen ebenfalls Sanktionen gegen einige Siedler verhängt (nachdem unter anderem die Regierung in Berlin gebremst hatte).

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Belgiens Ministerpräsident Alexander De Croo wirbt in der EU dafür, die Einfuhr von Produkten aus den Siedlungen im besetzten Westjordanland zu verbieten. Und in den Niederlanden untersagte ein Gericht der Regierung im Februar, Bestandteile für das amerikanische F-35-Kampfflugzeug nach Israel zu exportieren – da „eindeutig die Gefahr besteht, dass mit der F-35 schwere Verstöße gegen das humanitäre Kriegsrecht begangen werden“. Andere Länder haben Waffenlieferungen ganz ausgesetzt.

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Manche sehen den Beginn der Misere im Ausbau der israelischen Siedlungen in der West Bank, wie hier in der Stadt Al-Khadar
Certains voient le début de la misère dans l’expansion des colonies israéliennes en Cisjordanie, comme ici dans la ville d’Al-KhadarAFP

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro gab Anfang Mai bekannt, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen, während der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan einen Wirtschaftsboykott verkündete. Im kulturellen Bereich macht die Boykottbewegung immer wieder öffentlichkeitswirksam auf sich aufmerksam, wie jüngst beim Eurovision Song Contest. Was die Proteste an den Universitäten bewirken, bleibt abzuwarten. Aber viele Israelis, die im Kultur- oder Wissenschaftsbereich tätig sind, haben die Folgen von Boykottaufrufen schon zu spüren bekommen.

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Das genaue Ausmaß der Veränderungen ist noch unklar. Aber dass sich global gerade etwas verschiebt, lässt sich nicht leugnen. Israel gerät zusehends unter Druck, und was bislang Nadelstiche waren, erscheint langsam bedrohlich. Immer häufiger wird im Land die bange Frage gestellt, ob Israel zum Paria der Weltgemeinschaft werden könnte.

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Dieses Szenario hielt der Mehrheitsführer im amerikanischen Senat, Chuck Schumer, dem Land im März vor Augen. In einer aufsehenerregenden Rede warb der Demokrat – der ranghöchste Jude im amerikanischen Politikbetrieb – für eine Neuwahl in Israel, um Netanjahu von der Macht zu vertreiben. „Israel kann nicht überleben, wenn es zu einem Paria wird“, sagte er mit Blick auf die sinkende Unterstützung für Israel aufgrund Zehntausender Toter im Gazastreifen.

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In Israel kritisierten manche Schumer für die Einmischung in innere Angelegenheiten. Andere, vor allem linke Kommentatoren stimmen derweil schon Abgesänge auf das eigene Land an. Die sind meist mit scharfer Kritik an dem eigenen Regierungschef verbunden, dem sie die Hauptschuld an Israels misslicher Lage zuweisen.

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Immer mehr Israelis glauben, dass der 7. Oktober viele Entwicklungen beschleunigt hat, der mörderische Überfall der Hamas aber nicht allein so viel ins Wanken gebracht hat. Einige Fundamente seien schon zuvor untergraben gewesen, heißt es. Manche sind der Auffassung, dass Netanjahus Justizreform vom vergangenen Jahr das Land auf die schiefe Bahn geführt habe.

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Andere datieren den Kipppunkt früher, etwa auf die Korruptionsanklage gegen Netanjahu von 2019, die dazu geführt habe, dass er den Verbleib im sicheren Ministerpräsidentenamt über alles stellte und dafür sogar mit Ul­trarechten koalierte. Wieder andere führen die Misere auf die Ausweitung der Besatzung und des Siedlungsbaus zurück, wenn nicht auf den Beginn der Besatzung 1967 oder sogar auf die Nakba 1948. Aber ein nicht unerheblicher Teil der Gesellschaft besteht auch darauf, dass Israel bis heute gar nichts falsch gemacht habe.



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