2024-11-07 02:04:00
Zwei Nächte im November haben für Berlin die ganze Welt verändert. Zu trennen sind diese Berliner Nächte nicht voneinander. Nach der einen von Dienstag auf Mittwoch weiß die Bundesregierung, dass sie es künftig wieder mit Donald Trump im Weißen Haus zu tun haben wird. In der zweiten in diesen Donnerstag hinein geht es auch darum, ob sie es sich leisten kann, ausgerechnet jetzt auseinanderzubrechen.
Am frühen Mittwochabend ist klar: der Bruch ist nicht mehr zu verhindern, die Ampel-Koalition am Ende. Olaf Scholz (SPD) steht kurz darauf zum zweiten Mal an diesem Tag vor den Mikrofonen im Kanzleramt und sagt: „Ich habe den Bundespräsident soeben um die Entlassung des Bundesministers der Finanzen gebeten.“ Er sagt: „Ich sehe mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von unserem Land abzuwenden.“ Scholz kündigt an, die Vertrauensfrage im Januar zu stellen. Neuwahlen könnten bis Ende März stattfinden. Dann trägt er eine erstaunliche Abrechnung mit seinem Finanzminister vor.
Die erste Nacht beginnt hingegen noch heiter in der Landesvertretung von Baden-Württemberg in Berlin, das amerikanische Aspen-Institut hat zur Election Night geladen. Eine Feier durch die Nacht mit Donuts, Bier und Diskussionen; Politiker, Wissenschaftler, Diplomaten, Lobbyisten. Michael Link ist in dieser Nacht eine der gefragtesten Personen. Der FDP-Politiker ist Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit in der Bundesregierung.
Als die Leute noch hineinströmen, sitzt er in einem Nebenraum – und wirkt ganz ruhig. Er ist vorbereitet. Die letzten Tage haben ihn viele Politiker aus der Koalition um seine Einschätzung gebeten. Er hat für Realismus plädiert, hat darauf verwiesen, wie er daran gearbeitet hat, die Beziehungen auch in die Republikanische Partei zu verbreitern. National und in den Bundesstaaten. Link weiß sogar schon genau, welchem Republikaner er bei einem Trump-Sieg die erste Gratulations-SMS schickt.
Am Morgen danach, die SMS hat Link bereits abgeschickt, sagt er: „Wir dürfen als Deutschland und Europa jetzt wegen des Comebacks Trumps nicht in Alarmismus verfallen, sondern müssen Handlungs- und Reformfähigkeit beweisen, je stärker, desto besser.“ Und wie schon bei vielen Gesprächen in der Nacht verbindet Link die Wahl in Amerika mit der Krise in Deutschland: Man müsse gerade jetzt die Wirtschaftswende schaffen und wettbewerbsfähiger werden. „Christian Lindner hat deshalb klare Vorschläge für die deutsche Wirtschaftspolitik gemacht, denn nur als starker europäischer Markt sind wir ein attraktiver Partner für die USA.“ Dafür müsse Deutschlands Wirtschaft dringend wettbewerbsfähiger werden. Es ist der Kern des Streits in der Koalition. Er wird zum Bruch führen.
Eine größere Rolle für Deutschland
Wenige Stunden nachdem Link seine Gratulations-SMS verschickt hat, steht Olaf Scholz zum ersten Mal an diesem Mittwoch im Kanzleramt vor den Mikrofonen. Mittwoch Mittag, viele Staats- und Regierungschefs weltweit haben Trump da schon zum Wahlsieg gratuliert, auch Außenministerin Annalena Baerbock, kaum war sie wieder nach ihrer Ukraine-Reise in Berlin gelandet. Nun steht Scholz vor den Mikrofonen, die Fahnen Deutschlands und Europas im Rücken, und gratuliert. „Präsident Trump wird sein Amt in einer Zeit großer Herausforderungen und Krisen antreten“, sagt er. „Bei ihrer Bewältigung kommt den Vereinigten Staaten und ihrem Präsidenten eine zentrale Rolle zu.“
Dass auch auf Deutschland eine größere Rolle zukommen dürfte in dieser Zeit, ist in Berlin schon lange kein Geheimnis mehr. Und dass Trump und seine Leute genau darauf achten dürften, wie Deutschland diese ausfüllt, ebenso wenig. Sei es bei der Hilfe für die Ukraine, bei der eigenen Verteidigung, beim Handel und dem Umgang mit China. Immer wieder tauchte bei Trump und auch seinem künftigen Vizepräsidenten J.D. Vance Deutschland als abschreckendes Beispiel auf. Sicher werde vieles unter einer von Trump geführten Regierung anders, sagt Scholz. Scholz setzt dem drei Botschaften entgegen. Erstens bleibe Deutschland „ein verlässlicher transatlantischer Partner“. Man wisse um den Beitrag, den man für diese Partnerschaft leiste und auch in Zukunft leisten werde. Er spricht die NATO an, die Bedrohung durch Russland.
Zweitens müsse die Europäische Union „eng zusammenstehen und geschlossen handeln“. Dass der Kanzler den ersten Blick dabei nach Paris richtet, wird schon dadurch deutlich, dass er vor seinem Presseauftritt mit Emmanuel Macron telefoniert hat. Scholz verweist auch auf das Treffen mit den anderen Staats- und Regierungschefs aus Europa in Budapest an diesem Donnerstag. Man werde sich dort eng abstimmen. Der dritte Punkt klingt dann schon fast flehentlich: „Von der transatlantischen Partnerschaft profitieren beide Seiten.“ Die EU und die USA seien zwei ähnlich große Wirtschaftsräume, verbunden durch die engsten wirtschaftlichen Beziehungen weltweit. Er spricht von Partnerschaft, „ja Freundschaft“. Er sagt, damit es auch jeder in Washington verstehen kann: „We are better off together!“
Dann wird Scholz noch grundsätzlicher und richtet den Blick nach innen: „Ich wünsche mir, dass wir in Deutschland zusammenbleiben“, sagt er. „Uns eint mehr, als uns trennt.“ Der Kanzler meint, dass man die politische Spaltung verhindern müsse, die man im amerikanischen Wahlkampf beobachtet habe. Man könnte es sonst auch als Appell an die eigene Koalition verstehen – vor der zweiten entscheidenden Nacht. Die beginnt um 18 Uhr im Kanzleramt, der Koalitionsausschuss, das Ampel-Aus.
Sie wollen Funken aus Trumps Wahlsieg schlagen
Längst hat die Opposition da schon den Ton gesetzt und die Nächte miteinander verbunden. Nachdem unerwartet früh feststeht, wer in Amerika gewonnen hat, dreht sich die Politik in Berlin schnell wieder nach innen. Der CDU-Politiker Johann Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, hat zwar zum Gespräch über die Folgen der Wahl in Amerika eingeladen, kommt aber schnell im politischen Machtkampf an. Er finde gerade nicht, dass das jetzt der falsche Zeitpunkt sei, die Koalition zu beenden, wie der Grünenpolitiker und Wirtschaftsminister Robert Habeck das sage. Er sehe, sagt Wadephul, es genau umgekehrt. Deutschland brauche jetzt eine starke Regierung, eine Neuwahl könne die nötige Stabilität bringen.
Aber nicht nur die Opposition versucht, Funken zu schlagen auf dem Wahlsieg Trumps, um das eigene Feuer anzufachen. Selbst Baerbocks Äußerungen muss man als Verweis auf die zweite Nacht lesen. Wir Europäer „werden jetzt noch mehr sicherheitspolitische Verantwortung übernehmen müssen“, sagt sie. „Investitionen in unsere europäische Sicherheit müssen wir jetzt groß denken und groß machen.“ Das heiße auch: „Wir müssen uns von den selbst angelegten Fesseln gerade bei Investitionen in unsere Sicherheit in Deutschland und in der EU befreien.“ Da ist wieder der Konflikt um den Haushalt, um die Schuldenbremse – den sogenannten Überschreitungsbeschluss, um zum Beispiel die Hilfe für die Ukraine zu finanzieren. Als sie wenige Stunden später als Teil des Grünen-Verhandlungsteams im Kanzleramt sitzt, plädiert sie laut Teilnehmerkreisen energisch dafür, jetzt verantwortlich zu handeln. Man habe als drittgrößte Volkswirtschaft besondere Verantwortung für den Frieden in Europa.
Lindner wünscht Trump „Fortune und Weisheit“
Bundesfinanzminister Christian Lindner reiht sich am Mittwochvormittag in die Schar der deutschen Gratulanten ein und wünscht Donald Trump in einer Mitteilung „Fortune und Weisheit“. Der Abschluss seiner kurzen Stellungnahme weist dann aber auf das bevorstehende Treffen des Koalitionsausschusses und die Frage, ob und wie die Ampel weitermachen will. „In der Europäischen Union, NATO und auch Berlin müssen wir jetzt dringlicher denn je unsere wirtschafts- und sicherheitspolitischen Hausaufgaben machen.“ Was der FDP-Chef unter wirtschaftspolitischen Hausaufgaben versteht, hat er zum Verdruss vieler Sozialdemokraten und Grünen in seinem jüngsten Forderungskatalog deutlich gemacht.
In der SPD versucht man da schon, den Eindruck zu erwecken, man sei der FDP nicht vollkommen ausgeliefert, sondern habe noch andere Optionen. Überraschend klar buchstabiert das am Mittwochmittag, wenige Stunden vor Beginn des Koalitionsausschusses im Kanzleramt, die Parlamentarische Linke (PL) aus. Zu dem linken Flügel der Koalition gehört fast die Hälfte der sozialdemokratischen Abgeordneten.
Dans un gouvernement minoritaire, il est difficile d’obtenir des majorités pour des projets, explique Wiebke Esdar, l’un des porte-parole du PL. Mais si l’un des partenaires ne coopère plus, ce scénario est alors envisageable. C’est ensuite à l’Union de décider si elle souhaite travailler avec le SPD et les Verts. Esdar parle du « bien-être du pays », qui doit alors être la priorité absolue de l’Union. Quiconque écoute attentivement le sait désormais : tout est possible le deuxième soir.
La nuit suivante
Alors qu’il faisait déjà nuit à Berlin, le comité de coalition commença à la Chancellerie. Comme lors des élections de la veille, il y a cette fois au moins un résultat beaucoup plus rapide que prévu : après un peu plus de deux heures, les feux tricolores sont éteints. Lindner aurait appelé à de nouvelles élections au Bundestag et soulevé une question de confiance dans le Parlement. Au lieu de cela, Scholz licencie son ministre des Finances. Selon les milieux du FDP, la chancelière lui aurait demandé de suspendre le frein à l’endettement. Lindner a dit qu’il n’était pas prêt pour ça. Il existe d’autres options. Selon cette histoire, le Chancelier ne les aurait pas vus. Il renvoie Lindner, et d’abord seulement celui-là. Mais la fin des feux tricolores est inévitable.
Un peu plus tard, Scholz prononce devant la presse ce qui semble être un discours parfaitement soigné. Chaque phrase convient – et frappe particulièrement Christian Lindner. « Nous avons besoin d’un gouvernement efficace, doté de la force nécessaire pour prendre les décisions nécessaires pour notre pays », dit-il. Il a présenté au FDP «une fois de plus une offre globale grâce à laquelle nous pouvons combler le déficit du budget fédéral sans plonger notre pays dans le chaos». Des coûts énergétiques abordables auraient été inclus, un paquet pour l’emploi dans l’industrie automobile et un soutien plus important à l’Ukraine. “Après les élections aux Etats-Unis, cela envoie un signal très important : vous pouvez compter sur nous !” Mais Lindner n’a montré “aucune volonté” de “mettre en œuvre cette offre au sein du gouvernement fédéral pour le bénéfice du pays”. Scholz déclare : « Je ne veux plus soumettre notre pays à ce genre de comportement. » Il dit également que Lindner a trop souvent trahi sa confiance.
Peu de temps après, Lindner apparaît devant les caméras. Il s’oppose aux critiques de Scholz et qualifie sa déclaration de « préparée avec précision » ; Cela prouve que la chancelière était intéressée par une « rupture calculée de la coalition ». Le chancelier a « malheureusement montré qu’il n’avait pas la force de donner un nouveau départ à notre pays ». Lindner affirme que Scholz exige depuis mercredi après-midi qu’il suspende le frein à l’endettement. Il ne pouvait pas accepter cela pour ne pas violer son serment d’office. La chancelière a « brusquement rejeté » la suggestion de Lindner d’une voie commune vers de nouvelles élections. Le président du FDP souligne que son parti se battra pour assumer ses responsabilités dans un nouveau gouvernement.
Habeck et Baerbock apparaissent devant les caméras devant la Chancellerie. Habeck dit que ce soir, cela semble mal et pas bien. «Carrément tragique.» Des réunions de groupe sont convoquées. Il fait nuit profonde à Berlin et le matin tout sera différent.
#Comment #les #feux #circulation #sont #terminés
1730938740